500.000 Tonnen Methan: Die Klimakatastrophe der Nord-Stream-Sprengung

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Am 26. September 2022 ereignete sich ein Vorfall, der sowohl umweltpolitisch als auch klimatechnisch in die Geschichte einging: die Sprengung der Nord-Stream-Pipelines. Die daraus resultierende Freisetzung von Methan in die Atmosphäre ist ein Weckruf, der die Dringlichkeit globaler Massnahmen gegen Treibhausgasemissionen unterstreicht. Mit 500.000 Tonnen freigesetzten Methans stellt dieses Ereignis die grösste jemals aufgezeichnete Methanemission eines einzelnen Ereignisses dar.

Die Nord-Stream-Sprengung: Eine Chronologie

Am frühen Morgen des 26. September 2022 zerstörten Explosionen die Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee:

  • 1:00 Uhr: Eine erste Detonation zerstörte einen zehn Meter langen Abschnitt von Nord Stream 2.
  • 17 Stunden später: Weitere Explosionen trafen einen 200 bis 300 Meter langen Abschnitt von Nord Stream 1.

Trotz zuvor eingestellter Gaslieferungen enthielten die Pipelines noch erhebliche Mengen Erdgas. Ein Video der dänischen Marine zeigte tagelang sprudelnde Gasblasen an der Wasseroberfläche nahe Bornholm.

Zeitpunkt Pipeline Schaden
26.09.2022, 1:00 Nord Stream 2 10 Meter zerstört
26.09.2022, später Nord Stream 1 200-300 Meter zerstört

Die Klimawirkung: Methan als Treibhausgas

Methan (CH₄) ist ein hochpotentes Treibhausgas. Sein Global Warming Potential (GWP) verdeutlicht die Schwere der Emissionen:

  • 20 Jahre Zeitrahmen: 1 Tonne Methan entspricht 86 Tonnen CO₂.
  • 100 Jahre Zeitrahmen: 1 Tonne Methan entspricht 28 Tonnen CO₂.

Freisetzung durch Nord-Stream-Sprengung

Die 500.000 Tonnen Methan entsprechen:

  • 20 Jahre Zeitrahmen: 43 Millionen Tonnen CO₂.
  • 100 Jahre Zeitrahmen: 14 Millionen Tonnen CO₂.

Diese Zahlen veranschaulichen die dramatische Klimawirkung dieses Vorfalls.

Zeitrahmen Freigesetztes Methan CO₂-Äquivalenz
20 Jahre 500.000 Tonnen 43 Millionen Tonnen CO₂
100 Jahre 500.000 Tonnen 14 Millionen Tonnen CO₂

Wissenschaftliche Analysen

Die internationale Forschungsgruppe des UN-Umweltprogramms (Unep) nahm die Methanemissionen besonders genau unter die Lupe. Mit einer Kombination aus Satellitendaten, Helikoptermessungen und volumetrischen Berechnungen wurde die freigesetzte Gasmenge auf 500.000 Tonnen geschätzt. Dies übertrifft frühere Schätzungen deutlich:

Quelle Schätzung (Tonnen Methan)
UN-Bericht (Februar 2023) 75.000 – 230.000
Chinesische Studien 200.000
Deutsches Umweltbundesamt 300.000
UN-Forschungsgruppe 500.000

Die Ergebnisse zeigen eine erschreckende Dimension der Umweltkatastrophe. Zudem wurde in rund 15 Prozent der Ostsee eine fünfmal höhere Methankonzentration festgestellt.

Verzögerte Freisetzung von Methan

Ein Teil des Methans wurde nicht direkt in die Atmosphäre abgegeben, sondern löste sich zunächst im Meerwasser. Dieses Gas wurde von Strömungen transportiert und später freigesetzt. Atmosphärische Messungen zeigten, dass sich die Methankonzentration über Wochen hinweg in einem grossen Gebiet erhöhte.

Auswirkungen auf die Ostsee

  • In rund 15 Prozent der Ostsee war die Methankonzentration fünfmal höher als der Durchschnitt.
  • Lösliches Methan stellt eine zusätzliche Gefahr dar, da es zeitverzögert in die Atmosphäre gelangt.

Grössenordnungen

Um die Größenordnung der freigesetzten 500.000 Tonnen Methan bei der Nord-Stream-Sprengung besser einzuordnen, lassen sich vergleichbare CO₂-Emissionen anderer Verursacher heranziehen. Diese umfassen verschiedene Sektoren und Ereignisse mit hohen Treibhausgasemissionen.

Vergleichbare CO₂-Emissionen (20 Jahre Zeitrahmen, 43 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalent)

    1. Globale Flugindustrie:
      • Die gesamte globale Luftfahrt emittierte im Jahr 2022 rund 915 Millionen Tonnen CO₂. Die Nord-Stream-Sprengung entspricht also etwa 4,7 % der jährlichen Emissionen der globalen Luftfahrt.
    2. Kohlekraftwerke:
      • Ein grosses Kohlekraftwerk (1.000 MW) erzeugt pro Jahr etwa 10 Millionen Tonnen CO₂. Die freigesetzte Methanmenge bei der Sprengung entspricht also den Emissionen von 4-5 Kohlekraftwerken pro Jahr.
    3. Personenwagen weltweit:
      • Ein durchschnittlicher PKW verursacht etwa 4,6 Tonnen CO₂ pro Jahr (Quelle: EPA). Die Methanemission entspricht den jährlichen Emissionen von etwa 9,35 Millionen Autos.
    4. Landwirtschaftliche Methanemissionen:
      • Die globale Viehzucht emittiert jährlich etwa 120 Millionen Tonnen Methan (laut FAO). Die Sprengung macht etwa 0,42 % der jährlichen Methanemissionen der Viehwirtschaft aus.
    5. Grosse Naturkatastrophen:
      • Die freigesetzte Menge entspricht etwa den Emissionen eines grossen Waldbrandes von der Grösse der kalifornischen Brände von 2020, die etwa 40 Millionen Tonnen CO₂ freisetzten.
    6. Vergleich mit Containerschiffen

      Die Emissionen der Nord-Stream-Sprengung lassen sich auch mit den CO₂-Emissionen von Containerschiffen vergleichen. Ein grosses Ultra Large Container Ship (ULCS) emittiert pro Jahr etwa 150.000 Tonnen CO₂.

      Die durch die Nord-Stream-Sprengung freigesetzten Methanmengen entsprechen:

      • 20 Jahre Zeitrahmen: Den Jahresemissionen von etwa 287 Containerschiffen.
      • 100 Jahre Zeitrahmen: Den Jahresemissionen von etwa 93 Containerschiffen.
Zeitrahmen Methan-Emissionen (CO₂-Äquivalent) Entsprechung in Containerschiffen
20 Jahre 43 Millionen Tonnen CO₂ 287 Schiffe
100 Jahre 14 Millionen Tonnen CO₂ 93 Schiffe

Vergleichbare CO₂-Emissionen (100 Jahre Zeitrahmen, 14 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalent)

      1. Einzelne Länder:
        • Die jährlichen Emissionen kleinerer Länder wie Island (rund 2,3 Millionen Tonnen CO₂) oder Bhutan (rund 2 Millionen Tonnen CO₂) wären mit dieser Menge vergleichbar. Die Methanfreisetzung der Nord-Stream-Sprengung entspricht den Jahresemissionen von etwa 6 Ländern in dieser Grössenordnung.
      2. Industrieunfälle:
        • Der Unfall der Ölplattform Deepwater Horizon im Jahr 2010 führte indirekt zu Treibhausgasemissionen, die sich auf etwa 7-9 Millionen Tonnen CO₂ summieren. Die Methanfreisetzung bei Nord Stream war deutlich grösser.

Schlussfolgerungen und Handlungsbedarf

Die Nord-Stream-Sprengung verdeutlicht:

  1. Globale Methanquellen müssen reduziert werden: Die freigesetzte Menge macht zwar nur 0,1 Prozent der anthropogenen Methanemissionen von 2022 aus, zeigt jedoch die Notwendigkeit, Methanemissionen weltweit einzudämmen. Ganz besonders natürlich ungeplante, durch kriegerische Handlungen.
  2. Verbesserte Infrastruktur: Pipelines müssen robuster gestaltet werden, um derartige Katastrophen zu verhindern.
  3. Internationale Zusammenarbeit: Nur durch globale Initiativen können Treibhausgasemissionen effektiv reduziert werden.

 

Quellen

    1. Studie: Nature (2023) – „Largest Methane Release from a Single Event“
    2. Dänische Marine: Videoaufnahmen der Leckstellen
    3. UN-Bericht (2023): Methanemissionen
    4. Deutsches Umweltbundesamt: Analysen zu Nord Stream
    5. Wissenschaftliche Publikationen: Nature Communications
    6. Friedemann Reum, DLR-Institut für Physik der Atmosphäre
    7. Foto von Ronak Naik auf Unsplash

 

Dieser Text auf outview.ch wurde von Gordian Hense, Oftringen, Schweiz, erstellt und zur Verfügung gestellt. Das Copyright für diesen Text liegt bei Gordian Hense, Oftringen, Schweiz. Gordian Hense bietet Dienstleistungen in den Bereichen Business Conuslting, Mental-Coaching, Copywriting, Content-Erstellung und mehr an. Bei Interesse an diesem Text oder der Erstellung hochwertiger Inhalte wenden Sie sich bitte an Gordian Hense in Oftringen.

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