Das Organized Crime and Corruption Reporting Project (OCCRP) gilt als eine der größten Organisationen für investigativen Journalismus weltweit. Seit seiner Gründung im Jahr 2008 hat die OCCRP zahlreiche Enthüllungen zu Korruption und organisierter Kriminalität vorgelegt, darunter die bekannten Panama Papers und Pandora Papers. Doch jüngste Untersuchungen legen nahe, dass die OCCRP eine erhebliche finanzielle Abhängigkeit von der US-Regierung hat, was kritische Fragen zur Unabhängigkeit und Objektivität dieser Organisation aufwirft.
Hintergrund und Aufbau der OCCRP
Die OCCRP wurde 2008 in Sarajevo mit dem Ziel gegründet, Korruption und organisierte Kriminalität im Balkanraum aufzudecken. Gründer Drew Sullivan beschreibt die Organisation heute als „die größte Organisation für investigativen Journalismus auf der Welt“. Mit einem jährlichen Budget von 20 Millionen Euro und über 200 Mitarbeitern auf der ganzen Welt hat die OCCRP zahlreiche globale Enthüllungsprojekte initiiert. Dazu zählen:
Projekte der OCCRP | Thema | Auswirkungen |
---|---|---|
Panama Papers | Offshore-Steuerflucht | Rückforderungen in Milliardenhöhe |
Pegasus-Projekt | Einsatz von Überwachungssoftware | Internationale Kritik an staatlicher Überwachung |
Suisse Secrets | Bankgeheimnisse | Fokus auf Steuerhinterziehung |
Russian Asset Tracker | Vermögen russischer Oligarchen | Stärkung internationaler Sanktionen |
Finanzielle Abhängigkeit von der US-Regierung
Die OCCRP betont ihre Unabhängigkeit, doch öffentliche Dokumente und Interviews zeigen eine strukturelle Abhängigkeit von der US-Regierung. Etwa die Hälfte ihres Budgets stammt aus US-Quellen, darunter das Außenministerium und die US Agency for International Development (USAID).
Finanzierung im Überblick
Quelle | Beitrag (2008–2023) | Anteil am Gesamtbudget |
---|---|---|
US-Regierung | $47 Millionen | 52% |
Europäische Länder | $14 Millionen | 15% |
EU | $1,1 Millionen | 1,2% |
Die US-Regierung behält sich zudem das Recht vor, „Schlüsselpersonal“ der OCCRP zu genehmigen oder abzulehnen. Laut Drew Sullivan wurde dieses Vetorecht jedoch bisher nie ausgeübt.
Kontrollierte Berichterstattung?
Eine weitere zentrale Frage ist, ob die finanzielle Abhängigkeit die Berichterstattung der OCCRP beeinflusst. Nach Angaben der Organisation dürfen US-Mittel nicht für Berichterstattung über die USA verwendet werden. Die OCCRP konzentriert sich daher auf Länder wie Russland, Venezuela und andere Staaten, die im Fokus der US-Außenpolitik stehen.
Gezielte Länder und Projekte
Land | Finanzierte Projekte | Ziel |
---|---|---|
Russland | „Balancing the Russian Media Sphere“ (2015–2019) | Stärkung der Berichterstattung über Russland |
Venezuela | „Uncovering Venezuelan Corruption“ (2021–2022) | Enthüllung staatlicher Korruption |
Zypern & Malta | Investigative Trainingsprogramme (2022–2023) | Aufdeckung von Steuerflucht und Geldwäsche |
Einfluss und Soft Power der USA
Die Finanzierung durch die USA hat laut Experten eine subtile Form von Einflussnahme geschaffen, die durch „Soft Power“ ausgeübt wird. Shannon Maguire, Vertreterin von USAID, beschreibt die OCCRP als „einen Partner der US-Regierung“, während OCCRP-Partner betonen, dass diese Beziehung die USA in einem positiven Licht erscheinen lässt.
Die Rolle von Soft Power
- Erstellung eines „Korruptionsnarrativs“: Die Berichterstattung über autokratische Staaten wie Russland oder Venezuela unterstützt die US-Außenpolitik, während interne US-Probleme außen vor bleiben.
- Stärkung der globalen Demokratieagenda: USAID und das Außenministerium finanzieren gezielt Projekte, die demokratische Werte fördern sollen.
Ethik und Transparenz: Kritische Fragen
Obwohl die OCCRP ihre redaktionelle Unabhängigkeit beteuert, werfen folgende Aspekte ethische Fragen auf:
- Fehlende Transparenz: Die OCCRP hat die Rolle der US-Regierung bei ihrer Gründung und Finanzierung nicht öffentlich gemacht.
- Konditionierte Mittel: USAID kann Einfluss auf die Verwendung von Geldern nehmen und hat Vetorechte bei der Ernennung von Schlüsselpersonal.
- Vermischung von Journalismus und Politik: Programme wie das Global Anti-Corruption Consortium (GACC) haben die OCCRP in Lobbyarbeit und staatliche Agenden eingebunden.
Auswirkungen auf den investigativen Journalismus
Die OCCRP hat unbestreitbar bedeutende Arbeit geleistet, aber ihre Nähe zur US-Regierung könnte die Glaubwürdigkeit und Unabhängigkeit gefährden. Ein Vergleich mit anderen Non-Profit-Journalismus-Organisationen wie ProPublica zeigt, dass diese keine staatlichen Mittel akzeptieren, um mögliche Interessenkonflikte zu vermeiden.
Schlussfolgerung
Die OCCRP steht vor einem Dilemma: Ihre Arbeit ist von entscheidender Bedeutung für die Aufdeckung globaler Korruption, doch die Abhängigkeit von staatlicher Finanzierung wirft Fragen zur redaktionellen Unabhängigkeit auf. Um langfristig glaubwürdig zu bleiben, sollte die OCCRP ihre Finanzierungsstruktur diversifizieren und ihre Transparenz erhöhen.
Quellen
- Yann Philippin und Stefan Candea, „The hidden links between a giant of investigative journalism and the US government“, Mediapart.
- Finanzberichte der OCCRP (2008–2023).
- Interviews mit Drew Sullivan und USAID-Vertretern, NDR.
- Recherchen zu Projekten wie den Panama Papers und Russian Asset Tracker.
- Foto von Mr Cup / Fabien Barral auf Unsplash
Dieser Text auf outview.ch wurde von Gordian Hense, Oftringen, Schweiz, erstellt und zur Verfügung gestellt. Das Copyright für diesen Text liegt bei Gordian Hense, Oftringen, Schweiz. Gordian Hense bietet Dienstleistungen in den Bereichen Business Conuslting, Mental-Coaching, Copywriting, Content-Erstellung und mehr an. Bei Interesse an diesem Text oder der Erstellung hochwertiger Inhalte wenden Sie sich bitte an Gordian Hense in Oftringen.
Kommentar hinterlassen zu "Die verborgenen Verbindungen zwischen investigativem Journalismus und der US-Regierung: Die OCCRP im Fokus"